Der Begriff Wortschatz (auch: Vokabular, Lexikon oder Lexik) hat 2 grundlegende Bedeutungen:
- die Anzahl der Wörter einer Sprache (z.B. Deutsch) zu einem bestimmten Zeitpunkt
- die Anzahl der Wörter die ein einzelner Sprecher kennt (individueller Wortschatz)
Innerhalb der zweiten Bedeutung ist nochmals zu unterscheiden:
- rezeptiver Wortschatz (oder passiver Wortschatz): die Wörter, die der Sprecher kennt oder erkennt. Dieser hilft beim Verstehen gesprochener und geschriebener Texte (Verstehenswortschatz).
- produktiver Wortschatz (oder aktiver Wortschatz): die Wörter, die der Sprecher aktiv verwendet. Dieser ermöglicht dem Sprecher, sich verständlich auszudrücken
Der Grundwortschatz wird benötigt um ca. 85 % der Texte zu verstehen (etwa 1.200 bis 1.600 Wörter). Der Aufbauwortschatz enthält zunehmend Fachtermini.
Ein Kind, das im Alter von 5 bis 6 Jahren die deutsche Grundschule besucht, kennt etwa 1.600 bis 2.000 Wörter. Am Ende der achten Klasse versteht es mindestens 16.000 Wörter, also etwa ein Viertel des passiven Wortschatzes eines Erwachsenen.
Inhalt
Deutsche Sprache
Die Gesamtgröße des deutschen Wortschatzes wird je nach Quelle und Zählweise auf 300.000 bis 500.000 Wörter bzw. Lexeme (Bedeutungseinheiten) geschätzt. Das Deutsche Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm (1852–1960) wird auf ca. 350.000 Stichwörter geschätzt.
Der durchschnittliche aktive Wortschatz eines deutschen Muttersprachlers beträgt etwa 12.000 bis 16.000 Wörter; der rezeptive Wortschatz enthält etwa 50.000 Wörter.
Die Zahl der Wörter (Wortschatz) ist nicht mit der Zahl der Wortformen zu verwechseln. Durch Flexion kann aus den Grundformen vieler Wörter ein Mehrfaches an Wortformen entstehen, im Deutschen zum Beispiel erheblich mehr als in dem die Flexion langsam verlierenden Englischen.
Die Kenntnis der 3.000 häufigsten Wortfamilien oder der 5.000 häufigsten Wörter deckt etwa 95% des Wortschatzes der gesprochenen Sprache ab.
Fremdsprachen
Abhängig vom Sprachniveau ergeben sich folgende Anhaltspunkte für den aktiven Wortschatz (Vokabular) einer Fremdsprache.
- A1-Niveau ca. 600 Vokabeln
- A2-Niveau ca. 1200 Vokabeln
- B1-Niveau ca. 2500
- B2-Niveau ca. 3000 Vokabeln
Neuere Schätzungen geben für den englischen Wortschatz eine Zahl von 500.000 bis 600.000 Wörtern an, der deutsche liegt etwas darunter, der französische bei etwa 300.000 Wörtern.
Der Wortschatz des Englischen wurde durch "Eroberungen" massiv erweitert und zeigt so starke Einflüsse aus dem Französischen (etwa 28 % der modernen englischen Wörter). Die normannischen Eroberung Englands 1066 bewirkte u.a. das im Englischen 2 Wörter für viele kulinarische Begriffe existieren. Weiter existieren Einflüsse aus dem Lateinischen (ebenfalls etwa 28 %), sowie einen kleinen Teil des Kernwortschatzes aus dem Altnordischen (einer nordgermanischen Sprache).
Literatur
- Theodor Lewandowski: Linguistisches Wörterbuch. 4., neu bearbeitete Auflage. Quelle & Meyer, Heidelberg 1985, Stichwort „Grundwortschatz“. Abkürzungen aufgelöst. ISBN 3-494-02050-7. Schlaefer, Michael: Lexikologie und Lexikographie.
- Wolfgang Klein: Von Reichtum und Armut des deutschen Wortschatzes. In: Reichtum und Armut der deutschen Sprache. Erster Bericht zur Lage der deutschen Sprache. Herausgegeben von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. De Gruyter, Berlin/Boston 2013, ISBN 978-3-11-033462-3.
- Dieter Wolff: Statistische Untersuchungen zum Wortschatz englischer Zeitungen. Saarbrücken, diss. phil. 1969.
- Helmut Daller: Migration und Mehrsprachigkeit. Peter Lang, Frankfurt am Main, ISBN 3-631-34559-3.
- Best, Karl-Heinz: Zur Entwicklung von Wortschatz und Redefähigkeit bei Kindern. In: Göttinger Beiträge zur Sprachwissenschaft 9, 2003, S. 7–20; Best, Karl-Heinz: Gesetzmäßigkeiten im Erstspracherwerb. In: Glottometrics 12, 2006.
- Hans Joachim Störig: Abenteuer Sprache. Ein Streifzug durch die Sprachen der Erde. 2., überarbeitete Auflage. Humboldt-Taschenbuchverlag, München 1997, ISBN 3-581-66936-6.
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