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Belletristik ist eine Kategorie der Literatur, die ursprünglich "schöne" oder "feine" Literatur bedeutete. Im modernen, engeren Sinne ist es eine Bezeichnung für literarische Werke, die nicht in die großen Kategorien wie Roman, Erzählung, Poesie oder Drama fallen. Der Begriff wird manchmal abwertend für Werke verwendet, die sich eher auf die ästhetischen Qualitäten der Sprache als auf ihre praktische Anwendung konzentrieren. Ein Schriftsteller der Belletristik ist ein Belletrist.

Inhalt

Etymologie

Aus dem französischen Ausdruck "Belles Lettres", der so viel wie "schöne" oder "feine" Schrift bedeutet, entstand im Deutschen der Gallizismus Belletristik. Im heutigen Französisch existiert dagegen kein Begriff, der mit dem im deutschsprachigen Raum gebräuchlichen „Belletristik“ bedeutungsgleich ist.

Definition

Für viele moderne Zwecke wird der Begriff Belletristik (teilweise als Wertung) verwendet, um literarische Werke zu definieren, die nicht in andere Hauptkategorien wie Roman, Lyrik oder Drama fallen. So fallen darunter auch Essays, Rezensionen, veröffentlichte Sammlungen von Reden und Briefen, satirische und humoristische Schriften und andere verschiedene Werke.

Der Begriff wird heute im Allgemeinen auf die "leichteren" Zweige der Literatur angewandt. Der Begriff wird in einer anderen Bedeutung, nach wie vor von Bibliothekaren und dem Buchhandel verwendet, die Bücher klassifizieren müssen: Während eine große Bibliothek getrennte Kategorien für Essays, Briefe, Humor usw. haben kann, werden sie in Bibliotheken von bescheidener Größe oft unter der Überschrift "Belletristik" zusammengefasst.

Der Begriff wird manchmal abwertend verwendet, wenn es um das Studium der Literatur geht: Diejenigen, die sich mit Rhetorik befassen, machen sich oft über viele Sprachfakultäten lustig, weil sie sich auf die ästhetischen Qualitäten der Sprache konzentrieren und nicht auf ihre (triviale) praktische Anwendung.

Merkmale

Charakteristisch für diese Belletristik ist, dass Form und Stil der Texte sehr wichtig sind. Es geht nicht nur darum, was gesagt und geschrieben wird, sondern auch darum, wie: schöne, originelle, markante Formulierungen oder eine bewusst harte und realistische Sprache oder die Einführung völlig neuer Wörter und Satzstrukturen usw. Auch eine vielschichtige Struktur des Textes ist oft wichtig: "Es gibt mehr, als man sieht".

Das heißt übrigens nicht, dass Belletristik immer pompös sein muss. Ein grenzwertiger Bereich ist der Essay.

Das Ziel der Belletristik besteht darin, eine Grundlage für die Argumentation nach dem Geschmack eines Individuums zu entdecken und eine Wissenschaft der rationalen Kritik zu entwerfen. Der Schwerpunkt der Theorie der Belletristik liegt auf der Definition von Merkmalen des rhetorischen Stils wie Schönheit, Erhabenheit, Anstand und Witz, die alle eine Rolle bei der Beeinflussung der Emotionen und des Denkvermögens des Publikums spielen. Für diejenigen, die Rhetorik und Belletristik studieren, ist es ebenfalls wichtig, den Geschmack des Publikums zu definieren; dies ist der Schlüssel zu einem wirklich erfolgreichen Rhetoriker oder Schriftsteller. Dieser Geschmack ist die Grundlage der Rhetorik und notwendig für einen erfolgreichen mündlichen und schriftlichen Diskurs.

Die Befürworter des Schreibens in den Disziplinen, die sich des breiten Spektrums akademischer Gattungen bewusst sind, mit denen sich ein Student im ersten Jahr des Aufsatzes in Zukunft auseinandersetzen muss, werden diese Studenten kaum dazu zwingen, sich so tief in eine bestimmte Gattung hineinzuwagen, dass eine sklavische Nachahmung erforderlich wird. Die einzigen Kompositionslehrer, die von Studienanfängern "Konformität und Unterwerfung" unter eine bestimmte Art des akademischen Diskurses verlangen, sind die evangelikalen Jünger der Literatur, Professoren, deren Ziel es ist, den Studenten die Belletristik beizubringen. Die Anhänger des Schreibens in den Disziplinen erkennen im Gegensatz zu den Lehrern der Literatur-als-Komposition im Allgemeinen die Torheit, Studenten zu zwingen, sich den Konventionen einer Diskursgemeinschaft anzupassen, der sie nicht beitreten wollen.

Kriterien

Im Wortumfeld von Belletristik befindet sich auch der Begriff "Kitsch", als Kunstprodukt das in Inhalt und Form als geschmacklos und meist als sentimental empfunden wird.

  1. Vorrang der Gefühlswirkung: Entscheidend ist die Stimmung, hinter die der sachliche Gehalt zurücktritt. Alle nachfolgend genannten Mittel stehen im Dienste dieses Reizeffekts.
  2. Kumulation und Repetition: Die angestrebte Reizwirkung wird durch Häufung und Wiederholung der Effekte immer wieder gestützt.
  3. Preziosität: Ein besonders häufig verwendetes Wirkungsmittel ist die preziöse (= gezierte, gekünstelte) Überhöhung des Banalen.
  4. Lyrisierung: Die Kitscherzählung ist mit lyrischen Elementen bis hin zu Gedichteinlagen durchsetzt (Entgrenzung der Gattungen).
  5. Vermischung der Gefühlsbereiche: Emotionsbereiche wie z.B. Frömmigkeit, Nationalgefühl und Liebe werden häufig zusammengebracht, um sich wechselseitig zu intensivieren.
  6. Austauschbarkeit: Die verwendeten Mittel stehen nicht in einem sachlogischen Zusammenhang, sondern sind im Hinblick auf den intendierten Effekt auswechselbar.
  7. Assoziative Reihung: Bilder und Vergleiche werden rein assoziativ bis hin zur Beliebigkeit miteinander verknüpft, um die Skala der Reize zu erweitern.
  8. Pseudosymbolismus: Die verwendeten Symbole erhalten ihre Bedeutung nicht mit Notwendigkeit aus sich heraus, sondern sind mit Bedeutungsgehalt erst befrachtet und häufig eigens erläutert.
  9. Unrealistische Schwarzweißmalerei: Der Kitsch führt Personen, Verhaltensweisen und Haltungen meist in undifferenzierter, verabsolutierter und simplifizierter Weise vor.
  10. Vorhersagbarkeit: Die Handlung ist vorherzusehen, da die Konfliktsituation so pauschal und typisiert gerät, dass die Konfliktentwicklung mit der Personenkonstellation schon festgelegt ist.
  11. Banalisierung: Wirkliche Probleme der Menschen werden klischeehaft ohne das Bedingungsfeld vermittelt, stereotyp diskutiert oder ausgetragen und mit einfachen Lösungen versehen.
  12. Schlüssellochperspektive: Oftmals erfolgt eine Erotisierung der Geschlechterbegegnung durch gezielte Verwendung von Schlüsselreizen oder klischeehafte Handlungsmuster der sexuellen Befriedigung in voyeuristischen Formen.

Quelle: Günther Einecke; z.T. nach Killy, in: Biermann/Klothen: Literatur und Leser. Text+Dialog. Kursbuch. Düsseldorf: Bagel 1979, 19 f.

Geschichte

In der Renaissance erinnerte der Begriff an die antiken Autoren und das Studium ihrer Werke, die als obligatorische Vorbilder für das Schreiben etabliert wurden. In der Zeit des Klassizismus folgte die Figur der Belles-lettres den wichtigsten Entwicklungen in der Literatur und stand im Mittelpunkt einiger ästhetischer Fragen: Gelehrsamkeit oder Pedanterie, persönlicher oder normativer Stil, Rhetorik oder literarische Kunst, alte Sprachen gegen Französisch oder poetisches Wissen gegen gelehrte Wissenschaft.

Seit Anfang des 18. Jahrhundert umfasste die Belletristik ein breites Spektrum an Genres, die weniger an Fachgelehrsamkeit interessiert waren als an den modernen und eleganten Publikationen nach französischer Mode, wie sie damals in ganz Europa gelesen wurden. So charakterisiert Goethe in den Leiden des jungen Werthers (1774) eine Romanfigur mit abfälligem Unterton: „… doch an gründlicher Gelehrsamkeit mangelt es ihm, wie all den Bellettristen“.

Heute wird der Begriff meist für Unterhaltungsliteratur gebraucht. Im deutschsprachigen Buchhandel wird der Belletristik auch synonym zum englischsprachigen Terminus "Fiction" (auf Fiktion basierende Literatur) als Gegensatz zu Nonfiction (Sachbuch) verwendet.